100 Jahre Wüstenrot

100 Jahre Kaufen – mehr Kaufkraft für Österreich

Vor 100 Jahren lebten viele Österreicher in Armut und gaben den Großteil ihres Einkommens für Grundbedürfnisse wie Nahrung und Wohnen aus. Ab den 1950er-Jahren sorgten Wirtschaftswachstum und steigende Reallöhne für mehr Wohlstand und Zugang zu Konsumgütern wie Kühlschrank, Auto und Fernseher. Heute ist das Konsumverhalten vielfältiger – wir investieren in Mobilität, Reisen, Technologie und Online-Shopping, während Wohnen weiterhin ein großer Kostenfaktor bleibt. Wir schauen uns an, wie sich unsere Kaufkraft im Laufe von 100 Jahren entwickelt hat.

Lesedauer: 5 Min.

Inflation in Österreich

Beim Einkauf im Supermarkt denken wir oft: „Das war doch früher viel billiger!“ Das stimmt. Tatsächlich steigen die Preise fast immer, wenn auch meist nur moderat. Einen starken Ausschlag nach oben gab es zuletzt in den Jahren 2022 und 2023, die Inflationsrate stieg auf 8 Prozent. Nach der Finanzkrise lag die Preissteigerung dagegen fast bei Null und auch während der Corona-Krise war sie sehr niedrig: Während solcher Krisen geben die Verbraucher weniger Geld aus, die Energiepreise sinken, Unternehmen halten Löhne und ihre Preise stabil, um wettbewerbsfähig zu bleiben.

Auf lange Sicht, zwischen 1960 und 2024, lag die durchschnittliche Inflationsrate in Österreich bei 3,4 Prozent pro Jahr. Doch auch die geringen Steigerungsraten summieren sich. Insgesamt betrug die Preissteigerung in diesem Zeitraum 747 Prozent. Ein Artikel, der 1960 noch 10 Euro beziehungsweise den entsprechenden Wert in Schilling kostete, würde Anfang 2025 also 84,74 Euro kosten.
Lies dazu auch unseren Artikel: Wenn die Preise steigen – darum gibt es Inflation.

receipt after payment in the supermarket
Die Inflation begegnet uns im Supermarkt

Mehr Wohlstand trotz steigender Preise

Trotz der starken Teuerung zwischen 1960 und 2024 ist die Kaufkraft der Österreicher:innen im gleichen Zeitraum gestiegen. Der wichtigste Grund dafür: Nicht nur die Preise steigen, sondern auch die Einkommen. Und in guten Zeiten steigen die Einkommen sogar noch stärker als die Preise. In diesem Fall spricht man von einem „realen“ Einkommenszuwachs.

Laut Zahlen der Wirtschaftskammer betrug das monatliche Pro-Kopf-Nettoeinkommen je Arbeitnehmer:in im Jahr 1960 nur 146 Euro. Im Jahr 1995 waren es 1.600 Euro und im Jahr 2023 3.260 Euro. Das durchschnittliche Einkommen war also 2023 22-mal so hoch wie 1960. Die Preise waren jedoch, wie wir oben gesehen haben, nur um das achteinhalbfache gestiegen. 

Besonders in den 1950er-, 1960er- und in den frühen 1970er-Jahren sind die Einkommen inflationsbereinigt stark gewachsen. Danach stagnierte die Entwicklung weitgehend. In den vergangenen 20 Jahren sind die inflationsbereinigten Einkommen von Vollzeitbeschäftigten laut dem Einkommensbericht des Rechnungshofes immerhin noch um vier Prozent gestiegen.

Lesetipp: Artikelserie "100 Jahre Wohnen"

 

Als erste Bausparkasse in Österreich leistet Wüstenrot seit 1925 einen wichtigen Beitrag zur Schaffung von Wohneigentum. 

Entdecke hier unsere Artikelserie zu "100 Jahre Wohnen", die sich mit der Entwicklung des Wohnens im Laufe von 100 Jahren beschäftigt:

 

100 Jahre Eigenheim – die kurze Geschichte des Einfamilienhauses

100 Jahre Wohnzimmer - das Zentrum des Familienlebens

100 Jahre Kinderzimmer - Trends von früher bis heute

100 Jahre Esskultur - eine kleine Kulturgeschichte der Ernährung und des Essens 

100 Jahre Gartengeschichte - der Garten früher und heute

100 Jahre Elektrogeräte - die Revolution im Haushalt

Autosave-File vom d-lab2/3 der AgfaPhoto GmbH
Kaufhaus 1970 – Zwischen den 1950er- und 1970er-Jahren stieg die Kaufkraft der Österreicher stark an. ©Robert Rynerson
Der Vorgänger des Euro, der Schilling
100 Jahre, fünf Währungen

Die schlimmste Inflation erlebte Österreich nach dem Ersten Weltkrieg, als sich das Land in einer tiefen Krise befand. Die Währung in Österreich war damals die „Krone“. Die Regierungen reagierten auf die Probleme mit dem Drucken von Geld. Dadurch verlor die Krone rapide an Wert, bis 1922 irgendwann die Preise täglich um 10 Prozent stiegen – die Hyperinflation hatte ihren Höhepunkt erreicht.
Mit der Einführung einer neuen Währung, des Schilling, stabilisierte sich die Lage.

Zwischen 1938 und 1945 wurde im Zuge des „Anschlusses“ Österreichs an Deutschland die Reichsmark eingeführt. Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte der Schilling zurück. Zwischen 1946 und 1952 erlebte Österreich eine weitere Hyperinflation, der Schilling verlor in diesen Jahren 90 Prozent seines Werts. Im Laufe der 1950er-Jahre sank die Inflationsrate jedoch – sogar auf Werte unter Null.

Der Schilling begleitete die Österreicher bis zur Umstellung auf den Euro. Der wird 1999 als Buchgeld und Rechenwährung, 2002 auch als Bargeld eingeführt.

Wer 1922 in Österreich geboren wurde und 80 Jahre alt oder älter wurde, hat fünf verschiedene Währungen erlebt.

100 Jahre Wüstenrot

Entdecke HIER alles zum Wüstenrot Jubiläumsjahr:

  • Chronologie mit Bildmaterial aus der Historie des Unternehmens
  • Wüstenrot Jubiläums-Storys
  • Interviews zur Frage „Wie wird man als Unternehmen 100 Jahre alt?"
  • Artikelserie zu „100 Jahre Wohnen"
  • Geburtstags-Aktionen wie die Verdoppelung der Bausparprämie
  • Gewinnspiele
  • Events, uvm.

Mehr kaufen für weniger Arbeit

Der Kaufkraftrechner der Österreichischen Nationalbank gibt anschaulich Auskunft, wie viel mehr man sich 2024 von einem durchschnittlichen Monats-Nettoeinkommen im Vergleich zu früheren Jahren kaufen kann.

Für ein Monats-Nettoeinkommen bekam man zum Beispiel

950 Liter Milch im Jahr 1966,  2.187 Liter Milch im Jahr 1995 und 2.215 Liter Milch  im Jahr 2024

Den größten Kaufkraftgewinn gab es in diesem Fall in der Zeit zwischen 1966 und 1995. Zwischen 1995 und 2024 fiel der Kaufkraftgewinn geringer aus. Einige Produkte sind in dieser Zeitspanne im Verhältnis zur Arbeitszeit sogar wieder teurer geworden, zum Beispiel Gas oder Brot: Für ein Monatsnettoeinkommen gab es

  • im Jahr 1966 850 Kilo Brot, im Jahr 1995 1.285 Kilo Brot, im Jahr 2024 aber nur noch 996 Kilo Brot.

  • im Jahr 1996  38.000 Kilowattstunden Gas, im Jahr 2024 nur noch 28.900 Kilowattstunden.

Das Institut der Deutschen Wirtschaft hat die Entwicklung der Löhne und der Preise zwischen 1960 und 2018 betrachtet. Die Ergebnisse dürften mit Österreich vergleichbar sein. Demnach hat sich die Kaufkraft in diesem Zeitraum in Deutschland verdreifacht. Ein Korb gleicher Waren, für den man 1960 noch eine Stunde arbeiten musste, war 2018 bereits nach 19 Minuten verdient.

Für ein Monatseinkommen können wir heute mehr kaufen als vor 50 oder 100 Jahren.

Weniger Geld für Lebensmittel

Schauen wir noch etwas weiter, nämlich 100 Jahre zurück, fällt der Zuwachs an Kaufkraft noch stärker aus. Bei Lebensmitteln wird das besonders deutlich. Arbeitete ein Facharbeiter in der Metallindustrie 1918 für ein Kilo Brot noch knapp drei Stunden, sind es 100 Jahre später nur noch 11 Minuten. Unsere Vorfahren haben 1925 noch 60 Prozent ihres Einkommens für die tägliche Ernährung ausgegeben. Und die bestand bei den meisten Österreichern vorwiegend aus Brot, Kartoffeln und Mehlspeisen. Heute verwendet ein durchschnittlicher Haushalt nur 18 Prozent des Einkommens für die Ernährung – und davon entfällt ein Drittel auf Gastronomiebesuche. Dadurch bleibt uns heute im Vergleich zu früher viel mehr Geld für andere Dinge übrig. Neben den gestiegenen Einkommen hat auch die Industrialisierung der Landwirtschaft zu dieser Entwicklung beigetragen. Die Herstellung von Lebensmitteln erfordert immer weniger menschliche Arbeitskraft.

Technischer Fortschritt

Der technische Fortschritt hat zu einer zunehmenden Automatisierung und damit zu einem starken Preisverfall geführt. Produkte konnten immer schneller, effizienter und mit immer weniger Arbeitskraft hergestellt werden. Frühere Luxusgüter wurden für die meisten Österreicher:innen zu Selbstverständlichkeiten. 1925 verfügte erst weniger als ein Prozent der österreichischen Haushalte über ein Auto. Für die Anschaffung eines Fernsehers, einer Waschmaschine oder eines Kühlschranks musste noch in den 1950er oder 1960er-Jahren monatelang gespart werden. 1970 arbeitete man noch über 145 Stunden, um sich eine Waschmaschine leisten zu können. Heute sind es nur noch 19 Stunden.

Auch die Globalisierung, also die internationale Arbeitsteilung hat zu Kaufkraftgewinnen in Österreich geführt. Industriell gefertigte Produkte wie beispielsweise Bekleidung wird heute meist zu niedrigen Arbeitskosten in Asien produziert. 1966 musste man für einen hochwertigen Herrenanzug ein halbes durchschnittliches Monatseinkommen hinlegen, heute nur noch ein Vierzehntel.

Bei Dienstleistungen, die sich weder automatisieren noch in Billiglohnländer verlagern lassen, gibt es in den letzten Jahrzehnten daher keinen großen Kaufkraftgewinn. Für einen Friseurbesuch arbeiten wir heute sogar länger als vor 50 Jahren.

Fazit: 100 Jahre Kaufkraftentwicklung

Vor 100 Jahren, im Jahr 1925, sind die meisten Österreicher arm. Ein Großteil des Einkommens geben sie für Nahrung und Wohnen aus. Die Ernährung ist einfach, neue Kleidung oder Möbel leistet man sich nur selten, was kaputt geht, wird repariert und ausgebessert.

Das ändert sich erst ab den 1950er-Jahren. Österreich erlebt Jahrzehnte mit einem hohen Wachstum der Wirtschaft und des Wohlstands. Die Reallöhne steigen, Lebensmittel und Industrieprodukte werden im Verhältnis zum Einkommen günstiger. 

In den 1960er-Jahren verfügt die Mehrheit der österreichischen Haushalte bereits über einen Kühlschrank, eine Waschmaschine und einen Fernseher, in den 1970er Jahren besitzen die meisten auch ein Auto. 

In den letzten Jahrzehnten steigt die Kaufkraft in Österreich nur noch geringfügig. Weiterhin geben die Haushalte einen großen Teil ihres Einkommens für das Wohnen aus. Darüber hinaus ist das Konsumverhalten komplexer geworden. Wir geben viel Geld für Mobilität und Reisen, Dienstleistungen, Unterhaltung und Technologie aus. Dank Online-Shopping müssen wir zum Einkaufen nicht einmal mehr aus dem Haus. Alles, was wir brauchen, bekommen wir mit drei Klicks am nächsten Tag geliefert.

FAQ - häufig gestellte Fragen

Was bedeutet das Wort „Kaufkraft“?
Die Kaufkraft misst das verfügbare Nettoeinkommen der Bevölkerung inklusive staatlicher Leistungen wie Arbeitslosengeld der Pensionen und steht für Konsumausgaben, Wohnen, Freizeit oder Sparen zur Verfügung.

Wieviel Kaufkraft haben die Österreicher:innen im Durchschnitt?
Laut einer Studie der GfK besaßen die Österreicherinnen und Österreicher im Jahr 2024 pro Kopf eine Kaufkraft von 29.266 Euro. Mehr als in Deutschland und weniger als in der Schweiz. Trotz Inflation hatten sie damit mehr Geld als im Vorjahr zur Verfügung.

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