Wohnen ist ein Grundbedürfnis, das eigene Heim der Wunsch vieler Menschen – und das damals wie heute. Um allen Bevölkerungsschichten den Zugang zu leistbarem Wohnraum zu ermöglichen, unterstützte Wüstenrot im Laufe ihrer 100-jährigen Geschichte die Bausparer:innen nicht nur mit günstigen Konditionen, sondern auch mit Tipps rund um den Hausbau.
Was heute unter dem Begriff „leistbares Wohnen“ bekannt und in aller Munde ist, hat sich die Bausparkasse Wüstenrot bereits in den 1920er-Jahren als oberstes Ziel gesteckt: Weniger privilegierte Menschen sollten sich durch stetes Ansparen ein eigenes Zuhause schaffen können. Und dieses Anliegen reichte über die Zuteilung des Bauspardarlehens hinaus: Mit Bauplänen für Häuser, Empfehlungen bei der Grundriss-Erstellung und vielen weiteren Tipps rund ums Bauen und Wohnen stand Wüstenrot den Kund:innen zur Seite, um ihnen leistbaren Wohnraum zu ermöglichen.
Bereits von Anfang an lud Wüstenrot Architekt:innen ein, Häuser für ihre Bausparer:innen zu entwerfen. Damit konnten sie die zusätzlichen Kosten für die Planung einsparen. In eigenen Veröffentlichungen, wie etwa dem „Wüstenroter Bauplanheft“ aus den 1950er-Jahren wurden die Entwürfe mitsamt Bild eines Modells, Grundrissplan und Kostenrechnung präsentiert. Meist waren diese Pläne auch schon behördlich abgestimmt und abgenommen. Somit konnte direkt mit dem Hausbau begonnen werden.
Unter den vielen Architekt:innen, die zu dieser Zeit im Dienste der Bausparer:innen planten, sticht besonders ein Name hervor: Margarete Schütte-Lihotzky. Die Erfinderin der „Frankfurter Küche“ entwickelte für das „Wüstenroter Bauplanheft“ ein „erweiterungsfähiges Einfamilienhaus“. Damit zeigte sie, wie aus dem Grundriss für ein bis zwei Personen ein Zuhause für vier bis fünf und schließlich sogar sechs bis zehn Bewohner:innen gemacht werden konnte. Zu jedem einzelnen Stadium lieferte sie eine genaue Aufschlüsselung der Wohnnutzfläche und Zimmer sowie einen Raumplan. Wüstenrot steuerte dazu noch die Baukosten sowie die Ansparrate und Zins- bzw. Tilgungsrate bei. Auf diese Weise hatten die Kund:innen den idealen Ein- und Überblick und konnten sich mit wenigen Mitteln ein Haus aus der Feder von Margarete Schütte-Lihotzky errichten.
Ein besonderes Merkmal war die effiziente Planung, die das Maximum aus kleinen Räumen herausgeholte: 36 m2 waren für ein bis zwei Personen angedacht, die Familie mit vier bis fünf Personen fand auf rund 58 m2 Platz und das Mehrgenerationenhaus mit sechs bis zehn Personen auf fast 95 m2. Während diese Zahlen für heutige Verhältnisse klein erscheinen, waren sie damals nicht nur durch die Planung revolutionär, sondern boten mit eigenem WC und Bad deutlich mehr Komfort als beispielsweise die Wohnungen in den Städten. Zusätzlich punkteten die Eigenheime mit einem eigenen Garten zur Selbstversorgung.
Bevor es an die Detailplanung gehen konnte, stand zuerst eine Grundsatzentscheidung im Zentrum: Welcher Haustyp entspricht den Bedürfnissen der Bewohner:innen und nutzt den verfügbaren Platz ideal aus? Auch dafür lieferte Wüstenrot mithilfe des Kundenmagazins 1951 eine Entscheidungshilfe mit Typenplänen von verschiedenen Häusern:
Die hier vorliegenden Typenhäuser sind geschaffen worden, um auch jenen Bevölkerungskreisen, die nicht in der Lage sind, Architektenhonorare zu bezahlen, Unterlagen und Anregungen zum Bau ihres Eigenheimes zu geben. Es ist im Entwurf der Typenhäuser versucht worden, möglichst wirtschaftliche und doch einer modernen Wohnkultur Rechnung tragende Grundrisse unter gleichzeitiger Bedachtnahme einer gefälligen Bauform zu entwickeln.
Leistbares Wohnen sollte also mit modernem Wohnen Hand in Hand gehen. Dafür ging Wüstenrot auf verschiedene Haustypen ein und schilderte deren jeweilige Vor- und Nachteile:
Dadurch, dass das Doppelhaus aus zwei Parteien bestand, war es besonders kostengünstig. Auf diese Weise konnte es auf einem deutlich kleineren Grundstück gebaut werden, die Anschlüsse für Wasser und Strom wurden auf beide Hälften aufgeteilt
Besonders verbreitet und beliebt waren die klassischen Einfamilienhäuser. Aus diesem Grund lieferte Wüstenrot hierfür gleich mehrere Skizzen und Pläne für verschiedene Varianten. Doch auch hier versuchten die Planer:innen, auf möglichst kleiner Grundfläche das Maximum an Wohnraum herauszuholen. Dies gelang beispielsweise durch den Ausbau des Dachgeschoßes oder die Unterkellerung. So konnte Raum für eine Familie mit bis zu vier Kindern geschaffen werden. In einem Entwurf war sogar ein Anbau vorgesehen, der als Kleintierstall oder Waschküche diente.
Als wirtschaftlichste Bauform nutzte das Reihenhaus den verfügbaren Platz am besten aus. Hier konnten Familien mit bis zu sechs Kindern auf mehreren Stockwerken wohnen. Die Grundrisse wurden abwechselnd gespiegelt, sodass sich immer zwei Parteien die Installationen teilen konnten.
Beim Zweifamilienhaus wurden die Parteien auf die Geschoße verteilt: Eine Familie bewohnte das Erdgeschoß, die andere das Obergeschoß. Damit auch das obere Stockwerk über eine Freifläche verfügte, wurde ein großer Balkon mitgeplant.
Der Blick auf die Wohnflächen zeigt, dass die Häuser vor allem eines waren: effizient. Denn in den 1950er-Jahren versuchte man auf kleiner Fläche zu bauen, um zum einen die Kosten nicht in die Höhe zu treiben und zum anderen weniger Grundfläche kaufen zu müssen. Damit dies gelang, setzten die Architekt:innen auf eine intelligente Raumplanung und platzsparende Möbel, wie Einbauschränke oder Schrankbetten. Diese sollten den gegebenen Raum bestmöglich nutzen und damit das Budget der Bausparer:innen nicht unnötig strapazieren.
Vor dem Hintergrund steigender Energiekosten ist Energieeffizienz heute ein allgegenwärtiges Thema. Doch Wüstenrot war sich bereits in den 1960er-Jahren dessen bewusst, dass leistbares Wohnen mit energieeffizientem Bauen einhergeht. So widmet sich beispielsweise ein Artikel des Kundenmagazins 1964 mit dem Titel „Wärmeverlust“ dem Thema der Dämmplattenverkleidung, denn:
Im vergangenen Winter hat sich das Fehlen derartiger Verkleidungen unangenehm fühlbar gemacht, und mancher Bausparer hat zugegeben, dass er es bedauert, keine Dämmplattenverkleidung angebracht zu haben, wenn er aus eigener Wahrnehmung feststellen konnte, um wieviel besser das Nachbarhaus mit seiner Dämmplattenverkleidung beheizt werden konnte. […] In solcher Weise ausgestattete Häuser kühlen weniger rasch aus, und der Heizmaterialaufwand hält sich in bescheideneren Grenzen.
Doch nicht nur der Dämmung wurde Aufmerksamkeit geschenkt, auch für die Fenster wies Wüstenrot in einem Artikel des Kundenmagazins 1968 auf eine Neuheit hin, mit deren Hilfe Energiekosten gesenkt werden können:
Isolierglas wurde in Schweden entwickelt und unter härtesten klimatischen Bedingungen erprobt. Es bewirkt eine hervorragende Kältedämmung und damit erheblich weniger Brennstoffverbrauch. Dies führt sogar so weit, dass Sie kleinere Heizungsanlagen vorsehen können und dadurch auch Anlagekosten sparen.
Was zur Zeit der Gründung von Wüstenrot gang und gäbe war, um den verfügbaren Wohnraum ideal zu nutzen, scheint auch heute wieder mehr Beachtung zu finden: Das generationenübergreifende Wohnen ist in vielerlei Hinsicht ein zukunftsfähiges Wohnmodell, bei dem alle Beteiligten profitieren können. Während sich das in den Anfängen von Wüstenrot noch auf die eigene Familie bezog, indem Großeltern, Eltern und Kinder unter einem Dach lebten, denken heutige Planer:innen darüber hinaus. Auf diese Weise leben ältere Personen neben jungen Familien – eine diverse Gemeinschaft, die von der Vielfalt und dem Austausch profitiert.
Doch nicht nur das: Auch die Sanierung und Revitalisierung von Bestandsbauten wird in Zukunft eine immer größere Rolle spielen. So entstehen aus aufgelassenen Firmengeländen neue Wohnräume oder wird alten Wohnbauten neues Leben eingehaucht.
Ob generationenübergreifendes Wohnen oder Revitalisierung – beides trägt zur bestmöglichen Nutzung von Wohnraum bei und somit zu leistbarem Wohnen. Es ist in gewisser Weise die Rückbesinnung auf alte Werte, modern interpretiert und zukunftsfähig gestaltet.