Drei Schulfreunde tischlerten im Hobbykeller einen Couchtisch und machten daraus ein Start-up. Heute werden die Dreikant-Gründer für ihre Kreationen im Salzburger Raum gefeiert. Sie haben die Holzbranche mit ihren innovativen Ideen kräftig aufgewirbelt.
Die drei Burschen aus Golling an der Salzach sind keine dreißig Jahre alt, bauen Möbel und werden gefeiert wie Popstars. Die Salzburger Nachrichten schwärmen von ihnen als „Lausbuben“ und „Posterboys des jungen Handwerks“ und bejubeln ihr Start-up mit den Worten: „Die Firma Dreikant ist das Maß der Design-Dinge.“ Das Fachmagazin Holzdesign ernannte Dreikant zum „Unternehmen des Jahres 2018“, die Holzinnung bat die Newcomer, einen Vortrag über Online-Marketing für 25 alteingesessene Tischler zu halten. Inzwischen, so erzählt Matthias Lienbacher, einer der Dreikant-Gründer, werden sogar traditionelle Tischler von ihren Kunden gebeten, ihnen etwas im Dreikant-Stil zu fertigen.
Schon eines ihrer frühen Werkstücke zeigt, was diesen Stil ausmacht: Es ist ein ausladender Tisch, 3,80 mal 1,45 Meter groß, aus einem Stück aus dem Stamm der Maserpappel gearbeitet. Und trotz seiner Wuchtigkeit scheint es, als würde die Tischplatte frei über dem Boden schweben. Das Design-Konzept umreißt Lienbacher mit knappen Worten: „Wir wollten ein Produkt entwerfen, das sich vom Mainstream abhebt, gleichzeitig aber durch Schlichtheit überzeugt.“
Begonnen hatte alles mit einem Couchtisch. Die drei Gründer Matthais Lienbacher, 27, Mario Siller, 28, und Stefan Rehrl, 28, kennen sich seit der Hauptschule und schworen sich schon damals, später gemeinsam etwas auf die Beine zu stellen. Was genau, wussten sie noch nicht. Ideen hatten sie viele, die meisten verwarfen sie wieder. Eines Tages half ihnen der Zufall auf die Sprünge: Stefans Eltern brauchten einen neuen Couchtisch. Die drei Freunde machten sich ans Tüfteln. Am Ende thronte eine stattliche Eichenholzplatte aus einem Stück auf zwei s-förmig geschwungenen Edelsteinbeinen. Endlich wussten sie, wohin es gehen sollte und gründeten 2016 die Firma Dreikant.
In der ersten Zeit bauten sie ihr Unternehmen nebenberuflich auf. Matthias arbeitete in der Produktentwicklung und im Marketing in einem großen Holzindustrie-Unternehmen , Stefan arbeitete als Maschinen- und Metallbaumeister und Mario in einer Brandschutzfirma. Ihre Werkstatt richteten sie zunächst in Stefans Elternhaus ein. „Wir haben am Wochenende an den Stücken gearbeitet und unter der Woche, von 18 Uhr abends bis ein, zwei Uhr nachts, und sind halt am nächsten Morgen um sieben wieder in die Arbeit gefahren“, erinnert sich Lienbacher. „Dazu im ersten Jahr 14 Messen.“ Eineinhalb Jahre ging das so mit durchschnittlich drei bis vier Stunden Schlaf pro Nacht. „Wir sind zwar harte Kerle, aber dann stießen wir an unsere Grenzen.“
Bis heute ist ihnen wichtig, dass das Holz aus der Heimat stammt und die Möbel aus Metall und Holz kombiniert sind. Die Grundform gibt dabei stets der Baum selbst vor. „Die Natur inspiriert mich zum Design“, sagt Lienbacher. Kein Wunder, er ist auf einem alten Familienhof aufgewachsen, mit seiner Mutter betreibt er noch heute nebenher eine kleine Landwirtschaft im heimischen Golling: Kühe, Schafe und ein Pferd haben sie dort.
Aber nicht nur das schlichte, innovative Design ist verantwortlich für den Erfolg von Dreikant, sondern auch ein cleveres Mareketing. Die Drei betreiben „aggressives Online-Marketing“, wie Lienbacher sagt, digitale Mundpropaganda auf allen Social-Media-Kanälen und stoßen auf beeindruckendes Interesse. Längst haben sie ihre früheren Jobs gekündigt und ihr Angebot erweitert: Neben den Unikaten von Ess-, Couch- und Besprechungstischen stellen sie inzwischen auch Bad- und Küchenmöbel sowie komplette Ladenbau-Systeme her.
Mittlerweile beschäftigen sie acht Angestellte: Tischler, Schlosser, Außendienstler, Leute fürs Büro, Innendesign und Marketing. „Ein brutal junges Team zwischen 20 und 28 Jahren.“ Lienbacher erinnert sich noch, dass ihr erster Angestellter, ein Tischler, so begeistert war von der Unternehmenskultur und der Möglichkeit, auf Augenhöhe und eigenverantwortlich zu arbeiten, dass er bereit war, mit weniger Gehalt als zuvor bei ihnen anzufangen. „Aber nach einem Jahr war er, wie vereinbart, auf der alten Verdiensthöhe.“
Die Gründer haben ihre Aufgaben aufgeteilt: Mario Siller macht Organisation und Buchhaltung, Stefan Rehrl betreut die Designlinie für Privatkunden und Matthias Lienbacher die Projekte der Businesslinie. Bleibt bei all der Arbeit auch Zeit fürs Privatleben? Lienbacher lacht: „Wir drei haben alle eine Freundin.“ Seine Lebensgefährtin sieht er am Wochenende oder manchmal zwischendurch auch abends. „An ein, zwei Tagen gehen wir auch mal früher heim.“
Die Werkstatt in Golling platzt aus allen Nähten. In Hallein und Salzburg wurden Showrooms eröffnet, wo die Kunden die Designmöbel bewundern können – von der Couchtischplatte bis zur 8,50 Meter langen Mammutplatte. Um die wachsende Nachfrage bedienen zu können, haben die Jungunternehmer die Community Dreikant & Friends ins Leben gerufen, ein Netzwerk aus jungen Handwerkern aus der Region, mit denen sie projektweise zusammenarbeiten.
„Wir können zwar viel, aber eben nicht alles“, erklärt Lienbacher. „Wenn jemand einen Shop, ein Büro oder ein Lokal einrichtet, dann braucht er nicht nur Möbel, sondern auch Lampen und Dekoration.“ Jeder Partnerbetrieb ist spezialisiert auf ein anderes Handwerk, die Mitglieder der Community empfehlen sich gegenseitig weiter. „Dadurch können wir größere Aufträge an Land ziehen“, erläutert Lienbacher. Ein Start-up-Netzwerk, das sich gegenseitig pusht.
Warum Dreikant so fulminant in der Möbelszene eingeschlagen ist? „Die Holzbranche ist von Staub bedeckt“, grinst Lienbacher. „Wir haben unsere Chance erkannt und vermarktet. Mit unseren hochwertigen Produkten arbeiten wir in einer Nische und nehmen anderen Tischlern nichts weg.“ Keine Angst, dass ihm bei dem Höhenflug mal die anspruchsvollen Ideen ausgehen? Lienbacher schüttelt den Kopf. „Ideen haben wir eigentlich immer mehr als genug. Und spätestens, wenn wir zu dritt im Team zusammensitzen, fällt uns immer etwas ein.“