Durch ganz Europa ist Andreas Rehberger gezogen, um zum Spitzenkoch zu werden. Jetzt konnte er sich in einem bayerischen Schlosshotel seinen Lebenstraum verwirklichen: Die Gäste mit Feinschmeckerküche und gehobener Lebensart verwöhnen.
Das Gulasch ist an allem schuld. Noch heute schwärmt Andreas Rehberger von den Kochkünsten seiner Mutter. „Vor allem ihr Gulasch, es war das beste der Welt!“ Das Fleisch hauchzart, der Saft feurig und sämig, dazu herrliche Knödel oder einfach auch nur Gebäck. „Altwiener Küche eben“, sagt der 40-Jährige, der inzwischen selbst ein Spitzenkoch ist und sich in Oberfranken bei Coburg seinen Lebenstraum erfüllt hat.
Umgeben von Wäldern und Wiesen hat er im Oktober 2020 mit dem frisch renovierten Schlosshotel Hohenstein (https://www.schlosshotel-hohenstein.de/) sein erstes eigenes Haus für seine Gäste eröffnet. Inmitten von Corona-Zeiten ein waghalsiges Unternehmen, das Rehberger mit seiner schlagfertigen Ehefrau Alexandra und einem Team von sechs Mitarbeitern mit Löwenmut und Einfallsreichtum in Angriff nimmt. „Wir sind am Land“, sagt Rehberger optimistisch. „Wir haben ein Haus mit viel Platz und sind von der Gästeanzahl eher klein. Das könnte genau das sein, was jetzt gefragt ist. Ich denke, so können wir uns in dieser Zeit gut positionieren.“
Begonnen hatte alles im verträumten Mühlviertel nördlich von Linz, wo Rehberger 1980 in St. Johann zur Welt kam. Der Vater war Maurer, die Mutter Hausfrau, der kleine Andreas wuchs mit vier Geschwistern auf. Nach der Mittleren Reife besuchte er die Hotelfachschule in Bad Leonfelden und startete seine Laufbahn im Service. Erst im eleganten Hotel Bergergut, dann in Deutschland bei den Spitzenköchen Alfons Schuhbeck und Heinz Winkler. Weiter ging‘s nach Frankreich und schließlich zurück nach Österreich zu Haubenkoch Heinz Hanner bei Wien. Dort begegnete ihm vor 14 Jahren seine große Liebe Alexandra, eine Schärdingerin und Sommelière. Seit fünf Jahren sind sie verheiratet.
Beide teilten miteinander die Vision, sich eines Tages selbstständig zu machen und ein eigenes Haus zu führen. „Deshalb sattelte ich dann auf die Küche um“, erzählt Rehberger. Das bedeutete für ihn, noch einmal von vorne anzufangen. Zurück im heimatlichen St. Johann lernte er beim Keplingerwirt die Grundlagen der gehobenen Küche. Anschließend wagten Alexandra und er den Sprung nach Spanien, wo Rehberger in der Küche von Sternekoch Paco Pérez ein Praktikum begann. „Schon nach acht Wochen bot mir Pérez an, mit ihm später nach Berlin zu wechseln.“
Eineinhalb Jahre später war es dann soweit, er ging in die deutsche Hauptstadt, wo der berühmte Katalonier das Restaurant Cinco im Hotel Das Stue (https://www.so-berlin-das-stue.com/) im Gebäude der vormaligen dänischen Botschaft mitten im Regierungsviertel übernahm. Rehberger war dort erst Patissier, 2017 wurde er dann Küchenchef. „Ich habe mich dort sehr wohl gefühlt. Aber nach siebeneinhalb Jahren war Zeit für was Neues.“
Ihren gemeinsamen Traum vom eigenen Hotel haben die Rehbergers in den Berliner Jahren nie verloren, obwohl die kulinarische Artistik des jungen Österreichers seinen Restaurantkritikern poetische Jubelgesänge entlockte: Das Tatar vom japanischen Wagyu-Rind als Amuse-Gueule sei „unfassbar aromatisch und, ja, cremig“, darauf folgte ein „tiefenentspanntes Filet vom Weidelamm mit diversen Texturen der Roten Bete. Spanien liegt manchmal auch in Brandenburg“, so urteilten Kenner. „Aber die Idee, uns selbstständig zu machen, blieb immer in unserem Kopf“, erzählt Andreas Rehberger. „Immer wieder haben wir uns umgeschaut, wo eine Möglichkeit sein könnte.“
Von Freunden erhielten die beiden den Hinweis, dass unweit des bayerischen Coburg das Schlosshotel Hohenstein einen neuen Pächter sucht. Erstmals erwähnt wurde das Schloss anno 1306, damals als Gipfelburg, die 200 Jahre später von aufständischen Bauern bis auf die Grundmauern niedergebrannt und ab 1573 zum Schloss im Renaissance-Stil umgebaut wurde. 1976 kaufte der Münchner Unternehmer Oskar Hacker das Anwesen, ließ es in den 1980er Jahren restaurieren und als Gästehaus samt Weinstube und Restaurant eröffnen. Heute gehört das Schloss der Oskar Hacker Stiftung, die das Hotel fast 25 Jahre lang verpachtete, ehe sich der Betreiber Ende 2019 zurückzog. Für die Rehbergers war es die Gelegenheit, auf die sie so lange gewartet hatten.
„Wir verliebten uns sofort“, erinnert sich Andreas Rehberger. „Wir wollten auch immer ein Haus, das eine Geschichte zu erzählen hat.“ Gefunden hatten sie nun ein Denkmal aus dem Mittelalter, das den Dreißigjährigen Krieg überstanden hat. Oder besser noch: „Wir sagen immer: Das Schloss hat uns gefunden, nicht wir das Schloss“, betont Rehberger. Wieder waren Restaurierungs- und Sanierungsarbeiten notwendig, nun funkelt das Schmuckstück umgeben von sattem fränkischem Grün äußerlich abgeschieden und ruhig, im Inneren jedoch ein Fest für alle Sinne. 17 Doppelzimmer und Suiten, historische Veranstaltungsräume für Hochzeiten und Tagungen, eine gemütliche Schlossstube, herrliche Terrassen und ein weitläufiger Park.
Hier kann Andreas Rehberger nun nach Herzenslust seine kulinarischen Ideen verwirklichen, denn „im Kopf denke ich mir eigentlich pausenlos neue Rezepte aus“. Die traditionelle Küche seiner Mutter kann er jedoch nicht „eins zu eins im Restaurant übernehmen, das würden die Gäste nicht akzeptieren“. Die Klassiker werden bei ihm auf gehobene Art serviert, „etwas leichter zubereitet, mit mehr Gemüse“.
Dass er ausgerechnet im Corona-Herbst 2020 sein eigenes Haus eröffnet, beunruhigt ihn erstaunlich wenig. Das liegt gewiss auch an Ehefrau Alexandra und ihrem fröhlichen Temperament, mit dem sie bereits am Telefon die Anrufer beflügelt. Und an seinem Familienleben, das ihm Kraft gibt: Der gemeinsame Sohn Leopold ist ein Jahr alt.
Bescheidenheit und Dankbarkeit schwingen immer mit, wenn er berichtet, wie er sich aus einfachen Verhältnissen innerhalb weniger Jahre nach oben gearbeitet und seinen Lebenstraum verfolgt hat. Wenn er erwähnt, wie er sich über jeden Gast freut, wie wichtig es ihm ist, mit jedem Mitarbeiter, überhaupt jedem Menschen gut umzugehen, wenn ihm Begriffe wie Nächstenliebe einfallen, dann klingt das nicht – wie sonst häufig – wie leeres Stroh, sondern es sind gelebte Werte. „All das macht unsere Gastlichkeit aus“, sagt Andreas Rehberger, „und die ist herzlich, locker und bescheiden.“
In Zeiten der Pandemie ist in der Gastronomie Einfallsreichtum gefragt. So bietet Rehberger eine eingeschränkte Karte „mit To-Go-Sachen“ an, überarbeitet die Produkte, die Werbung und das Hygienekonzept. Und immer wieder bringt er innovative Rezeptideen hervor. Wenn es ums Essen geht, ist Rehbergers Neugier grenzenlos. So scheute er sich in Berlin scheute sich der Spitzenkoch in Berlin nicht davor, bei seinem Lieblingstürken Aspendos ein normales Kebab zu essen. Seine Gäste hingegen schätzen das „Cassoulette von schwarzen Linsen mit Entenconfit“, welches es für 15 Euro zum Mitnehmen gibt.