Fahrer in einem autonióm fahrenden Auto auf der Autobahn berührt das Lenkrad nicht.

Der Traum vom autonomen Fahren

Das autonome Fahren kommt. Doch vorher müssen nicht nur technische, sondern auch ethische und rechtliche Fragen bearbeitet werden. Wer haftet bei Unfällen, wenn Algorithmen entscheiden? Gibt es eine Versicherung für autonome Fahrzeuge? Ein Überblick über Chancen und Herausforderungen der Verkehrstechnologie von morgen.

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Was ist autonomes Fahren?

Autonomes Fahren – das ist die Fähigkeit eines Fahrzeugs, selbstständig, ohne menschliches Eingreifen, zu fahren. Das können Pkw, Lkw, Busse aber auch  Straßenreinigungsmaschinen, Planierraupen oder Gabelstapler sein. Das Fahrzeug nimmt über Sensoren seine Umgebung wahr, interpretiert sie und trifft basierend darauf Entscheidungen, um sicher und effizient zu navigieren. Dies wird durch den Einsatz von Technologien wie Kameras, Lidar, Radar, GPS und fortschrittlicher Software erreicht

Autonomes Fahren wird häufig in fünf verschiedene Level unterteilt, die den Grad der Automatisierung und die Notwendigkeit menschlicher Eingriffe definieren. Der gegenwärtige Entwicklungsstand der Technologie lässt sich leicht zusammenfassen: Zwischen Level 2 und 3.

Sichtbar gemachte Wellen von Lidar,- und Radarsensoren autonmer fahrzeuge auf der Autobahn.
Kameras, Lidar,- und Radarsensoren nehmen bei autinomen Fahrzeugen die Umgebung wahr.

Die fünf Stufen autonomen Fahrens

Autonomes Fahren ist nicht gleich autonomes Fahren – zwischen Assistenzsystemen wie einem Tempomaten, der die Geschwindigkeit konstant hält und einem Fahrzeug, das komplett ohne Lenkrad auskommt, liegen Welten. Die Automobilindustrie hat fünf Stufen des autonomen Fahrens definiert. Sie beschreiben, wie selbstständig ein Fahrzeug handeln kann – vom Assistenzsystem bis hin zur vollständigen Kontrolle durch die Technik.

  • Level 1 – Fahrassistenz: Die Fahrenden fahren immer selbst, werden aber unterstützt. In diese Kategorie fallen beispielsweise Fahrzeuge mit Tempomat und Abstandsfunktion (ACC).
  • Level 2 – Teilautomatisierung: Hier übernimmt das System in bestimmten Situationen Gas, Bremse und Lenkung. Die Fahrenden müssen das Fahrzeug überwachen und jederzeit eingreifen können. Das Fahrzeug kann im Stau selbstständig fahren oder automatisch einparken. Auf Stufe zwei bewegen sich derzeit fast alle Autohersteller.

  • Level 3 – Hochautomatisiert: In der dritten Stufe übernimmt das Fahrzeug weitere Funktionen. Es setzt etwa selbst den Blinker, wechselt die Spur oder passt seine Geschwindigkeit dem fließenden Verkehr an. Kommt das System an seine Grenzen, fordert es den Fahrenden auf, wieder die Kontrolle zu übernehmen. Alleine fahren darf und kann das Fahrzeug in dieser Stufe immer noch nicht. Fahrzeuge dieser Stufe befinden sich noch in der Entwicklung und werden in einigen Pilotprojekten getestet. 

  • Level 4 – Vollautomatisiertes Fahren: Es ist kein Fahrender mehr erforderlich. Das Fahrzeug ist in der Lage, in bestimmten Umgebungen feste Routen mit allen verkehrstechnischen Erfordernissen abzufahren. Außerhalb dieser Umgebungen und weiß das System nicht weiter, muss ein Mensch eingreifen. Für diese Stufe laufen ebenfalls Tests und Pilotprojekte, insbesondere in abgegrenzten Bereichen wie in Städten oder auf speziellen Routen.

  • Level 5 – Autonomes Fahren: In Level 5 Fall besitzt das Auto weder Lenkrad noch Pedale. Der Mensch steigt ein, wählt sein Ziel aus und das Fahrzeug bringt ihn selbstständig dorthin. Fahrzeuge dieser Stufe sind Gegenstand intensiver Forschung und Entwicklung, aber sie sind noch Jahre von der Marktreife entfernt.

Ein Beispiel für automatisiertes Fahren nach Level 4: In zwei BMW-Werken nutzt man die autonomen Fahrfunktionen bereits während der Produktion. Die Neuwagen fahren zwischen verschiedenen Produktionsabschnitten eigenständig, ohne Fahrerin oder Fahrer kilometerlange Strecken. Das funktioniert technisch, weil die Strecken immer gleich sind und rechtlich, weil es sich auf Privatgelände abspielt. Auf eine öffentliche Straße dürften das die Wagen ohne Aufpasser nicht.

Roboterfahrzeuge in einem Warenlager
Autonom fahrende Roboterfahrzeuge in einem Warenlager

So autonom fährt Österreich.

Hierzulande dürfen Fahrzeuge seit 2016 teilautomatisiert (Level 2) bis zu 50 km/h schnell fahren. Selbstfahrende Kleinst-Busse (Shuttles) dürfen, solange ein Aufpasser mit im Fahrzeug sitzt, bis zu 20 km/h schnell fahren.

Seit dem Jahr 2020 dürfen Fahrzeuge, die bauartbedingt nicht schneller als 10 Stundenkilometer fahren können, auch ohne Lenkrad und Pedale auf die Straße. Das können Fahrzeuge sein wie Straßenreinigungsmaschinen, landwirtschaftliche Fahrzeuge, Kleinstbusse, Gabelstapler, Planierraupen. So richtig ohne Fahrerin oder Fahrer passiert das jedoch nicht. Diese Person muss nämlich laut Gesetz mit einer Fernbedienung in der Nähe stehen. Diese Person gilt als die Lenkende, trägt damit die Haftung und permanent einen Notausschalter in der Hand.

Deutschland ist beim Thema Straßenverkehrsgesetze schon weiter. Es regelte bereits im Jahr 2017 mit einem Gesetz zum autonomen Fahren den Betrieb selbstfahrender Fahrzeuge nach Level 3 und 4 im öffentlichen Straßenverkehr.

Die USA gehen noch einen Schritt weiter. Hier dürfen mit Sondergenehmigungen bereits fahrerlose Fahrzeuge unterwegs sein.

Autonome Fahrfunktionen und Versicherungen

Da es noch keine autonomen Fahrzeuge nach Level 5 auf den Straßen gibt, gibt es für sie auch keine Versicherungen. Versicherungen schließen nur teilautonome Fahrfunktionen ein

Praxisbeispiel: Ein Fahrzeug mit aktiviertem Spurhalteassistent streift ein anderes Fahrzeug. Den Drittschaden übernimmt die Kfz-Haftpflichtversicherung. Die Eigenschäden reguliert die Vollkasko-Versicherung – wenn man eine hat. 

Wenn durch ein Fahrerassistenzsystem ein Unfall entsteht, ist die Kfz-Haftpflichtversicherung immer die erste Ansprechperson. In Fällen technischer Fehlfunktionen kann der Halter versuchen, Ansprüche gegen den Hersteller geltend machen.

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Die Haftung: Was passiert, wenn was passiert?

Eine Frage bleibt bis heute unbeantwortet: die nach der Haftung. Wenn niemand am Steuer sitzt, wer ist dann verantwortlich, wenn etwas passiert? Die Lösung dafür suchen Gesetzgebende weltweit. Sie ist – neben den technischen Unzulänglichkeiten – ein Grund, warum das autonome Fahren noch in ferner Zukunft liegt.

In Österreich ist die Haftungsfrage bei Unfällen mit Fahrzeugen, die autonome Fahrfunktionen nutzen, komplex und hängt von verschiedenen Faktoren ab.

Grundsätzlich sieht das Gesetz eine verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung des Fahrzeughalters vor. Das bedeutet, dass die haltende Person für Schäden haftet, die durch den Betrieb des Fahrzeugs entstehen, unabhängig von eigenem Verschulden.

Wenn ein Unfall durch ein autonomes System verursacht wird, kann zusätzlich eine Produkthaftung des Herstellers in Betracht kommen. Geregelt ist das im Produkthaftungsgesetz (PHG). Es könnten also beide Parteien haftbar gemacht werden. Zu welchen Teilen hängt vom Einzelfall ab.

Technische Herausforderungen

Die technische Entwicklung ist noch lange nicht so weit, dass man ein Fahrzeug guten Gewissens allein auf die Straße schicken kann. Das Zusammenspiel aus Kameras, Radar- und Lidar-Sensoren, Software und Fahrzeugtechnik ist hoch komplex.

Kameras und Sensoren erzeugen zusammen ein umfassendes Bild der Umgebung. Kameras erkennen Details wie Verkehrszeichen, Fahrbahnmarkierungen und Ampeln. Sie sind an der Windschutzscheibe, in den Außenspiegeln oder im Türrahmen und am Heck angebracht. Sie überwachen den Verkehr in alle Richtungen. Radar-Sensoren an Front, Seite und Heck messen Distanzen und Geschwindigkeiten. Lidar-Sensoren, die mit Hilfe von Laserimpulsen 3D-Modelle der Umgebung erstellen, befinden sich häufig auf dem Fahrzeugdach oder in den vorderen Ecken.

Sensoren können von äußeren Bedingungen wie starkem Regen, Nebel, Schnee oder blendendem Sonnenlicht beeinträchtigt werden. Das kann dazu führen, dass die  Umgebung nicht genau genug wahrgenommen, Objekte oder Hindernisse nicht richtig erkannt werden. Besonders bei schlechtem Wetter geben Sensoren immer wieder falsche Signale. Bei Testfahrten auf öffentlichen Straßen verwechselt sie mal den Mond am Horizont mit einer Ampel, mal fährt ein Fahrzeug in eine Baustelle und bleibt im frisch gegossenen Beton stecken. Einige Testfahrten auf öffentlichen Straßen in den USA endeten mit tödlichen Unfällen – immer wieder wurden deshalb Testfahrt-Lizenzen entzogen oder eingeschränkt.

Ethik und Algorithmen

Das Ziel des autonomen Fahrens ist es, unabhängig vom Menschen agieren zu können – die Technik entscheidet

Aber dürfen Algorithmen im Zweifelsfall auch über Leben und Tod entscheiden? Ein Beispiel: Ein selbstfahrendes Fahrzeug fährt auf einer engen Straße. Plötzlich läuft ein Kind auf die Straße. Links befindet sich ein Abhang, rechts ein anderer Fußgänger. Was soll das System tun? Bremsen reicht nicht aus, um den Unfall zu vermeiden. Soll es das Kind oder den anderen Fußgänger schützen – oder den Passagier im Fahrzeug? 

Nicht nur in Österreich fehlen bislang spezielle Straßenverkehrsgesetze zur Entscheidungsfindung autonomer Fahrzeuge in ethischen Dilemma-Situationen. Das Thema wird auch auf internationaler Ebene intensiv diskutiert. Wie eine Lösung aussehen könnte, weiß zum jetzigen Zeitpunkt indes noch niemand.

Das ist der Traum

Autonomes Fahren bietet viele Vorteile. Es könnte unser Leben verändern. Autofahrende gewinnen deutlich mehr Zeit im Alltag. Fahrtzeiten nutzen sie zur Weiterbildung, zum Arbeiten, Lesen, Schlafen oder Filme schauen.

Jungen Menschen bringt die Technologie Freiheit. Sie können als Passagier ohne Führerschein oder elterliche Unterstützung mobil sein. Auch ältere oder körperlich eingeschränkte Personen gewinnen an Unabhängigkeit.

In ländlichen Regionen, die oft schlecht angebunden sind, könnten autonome Shuttle-Busse den öffentlichen Nahverkehr unterstützen und so mehr Mobilität für Menschen ohne Auto ermöglichen.

Das autonome Fahren bietet Lösungen für den durch den demografischen Wandel bedingten Arbeitskräftemangel: In der Logistikbranche könnten selbstfahrende Pkw und Lastwagen das Problem entschärfen. Die Fahrzeuge könnten zudem ohne Pause rund um die Uhr fahren. 

Darüber hinaus ist autonomer Verkehr sicherer. Ein (funktionierendes) autonomes System wird nicht müde und lässt sich nicht ablenken. 

Laut dem Verkehrssicherheitsbericht 2021 des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) sind 90 Prozent aller Verkehrsunfälle in Österreich auf menschliche Fehler zurückzuführen.

Fazit

 

Die Technik steht vor großen Herausforderungen: Sensoren und Algorithmen haben immer wieder Schwierigkeiten, komplexe und unvorhersehbare Verkehrssituationen zu meistern. Auch die rechtlichen Fragen – insbesondere Haftungs- und Ethikfragen – sind nicht geklärt.

An diesen Fragen wird zwar gearbeitet – doch bis wir in Innsbruck als Passagier in ein Auto ohne Lenkrad einsteigen, die Schlafmaske aufsetzen und einige Stunden später in Wien ankommen, wird es noch einige Jahre dauern.

FAQ – häufig gestellte Fragen

FAQ – häufig gestellte Fragen

Was passiert mit den Daten, die Kameras und Sensoren beim autonomen Fahren sammeln?
Die von den Kameras und Sensoren aufgenommenen Daten wie Bilder, Videos und Umgebungsinformationen werden lokal im Fahrzeug gespeichert, sie unterstützen das System in Echtzeit. Sie sind notwendig, um die Umgebung zu verstehen und auf sie zu reagieren. Auch Autohersteller oder Software-Anbieter können auf die Daten zugreifen, zum Beispiel um ihre Systeme zu verbessern. Dabei müssen sie jedoch die gesetzlichen Regelungen zum Datenschutz einhalten, in der Europäischen Union die DSGVO. Diese Verordnung verlangt, dass Unternehmen transparent mit den gesammelten Daten umgehen, die Daten nur mit Zustimmung des Nutzers erheben und ihnen die Möglichkeit geben, die Daten zu überprüfen oder zu löschen.

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