Gedächtnistraining hilft demenzkranken Menschen.
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Das Erinnern trainieren: Übungen für Demenzkranke

Menschen mit Demenz verlieren schleichend immer mehr geistige Fähigkeiten. Regelmäßiges Gedächtnistraining kann den Prozess verlangsamen.

Lesedauer: 5 Min.

In Österreich leben schätzungsweise 115.000 bis 130.000 Menschen mit Demenz. Bis 2050 wird sich die Anzahl aufgrund der steigenden Lebenserwartung voraussichtlich verdoppeln. Weltweit rechnen Forscher sogar mit einer Verdreifachung der Demenzerkrankungen. Demenz bezeichnet eine Vielzahl von chronischen Erkrankungen des Gehirns, bei denen sich die kognitiven Fähigkeiten schleichend vermindern. Ein einheitliches Krankheitsbild gibt es nicht. Am Anfang verschlechtern sich das Kurzzeitgedächtnis und die Merkfähigkeit, später ist auch das Langzeitgedächtnis betroffen. Im Verlauf einer Demenz werden Aufmerksamkeit, Sprache, Auffassungs- und Denkvermögen sowie die Orientierung beeinträchtigt.

Primäre und sekundäre Demenz

Etwa zehn Prozent der Demenzerkrankungen sind Folgeerscheinungen, beispielsweise von Stoffwechselerkrankungen, Hirntumoren oder chronischen Vergiftungserscheinungen durch Alkohol oder Medikamente. Man spricht hier von einer sekundären Form von Demenz. Wird die Grunderkrankung rechtzeitig behandelt, gibt es auch bei der Demenz Heilungschancen.

90 Prozent der Betroffenen leiden allerdings an einer primären Demenzform, die nicht heilbar ist und bei der der Krankheitsprozess direkt im Gehirn beginnt.Alzheimer ist mit 60 bis 65 Prozent die häufigste Form von primärer Demenz.

Hilfe für Demenzkranke

Medikamente zur Heilung oder Prävention gibt es bislang keine. Doch wer sich geistig und körperlich fit hält und soziale Kontakte pflegt, verringert sein Risiko, an Demenz zu erkranken. Auch für Menschen, die bereits eine entsprechende Diagnose haben, ist ein Gedächtnistraining sinnvoll. Aktivierende Übungen wirken sich positiv auf die geistigen Funktionen der Betroffenen aus, steigern die Konzentrationsfähigkeit und trainieren Langzeitgedächtnis und Sinneswahrnehmungen. Als Angehöriger kannst du einen demenzkranken Menschen durch regelmäßiges Üben unterstützen.

Hilfsangebote für Demenzkranke

Viele Online-Angebote findest du auf der Seite der Volkshilfe Österreich. Professionelle Anbieter von Gedächtnistraining findest du hier. Du kannst dich auch bei Alten- und Pflegeheimen erkundigen, ob sie zum Beispiel im Rahmen der Tagespflege entsprechende Angebote im Programm haben. Außerdem sind Logopädinnen und Logopäden wichtige Ansprechpartner, wenn es um geistiges Training Demenzerkrankter geht.

Generelle Tipps für das Training

Führe die Gedächtnisübungen mit der erkrankten Person regelmäßig, bestenfalls jeden Tag, in kurzen Einheiten durch. Zehn Minuten sind ein guter Richtwert.

  • Das Training sollte an die Schwere der Demenzerkrankung angepasst sein und den Betroffenen weder über- noch unterfordern. Du wirst merken, dass Erfolgserlebnisse sein Selbstwertgefühl steigern, während zu schwere Übungen zu Verunsicherung und Scham führen.
     
  • Konzentriere dich auf noch vorhandene Fähigkeiten und stärke sie. Denn Neues zu lernen, führt ebenfalls schnell zu Überforderung und Frust.
     
  • Achte darauf, dass die Übungen dem Erkrankten Spaß machen, seine Vorlieben und Abneigungen berücksichtigen. Er ist dann eher motiviert, sie regelmäßig zu wiederholen.
     
  • Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass das Training in der Gruppe die geistige Fitness fördert. Denn dabei ergeben sich Gespräche und Diskussionen und das soziale Miteinander wird gestärkt. Erkundige dich, ob es in deiner Umgebung entsprechende Angebote gibt.
     
  • Übungen für Demenzerkrankte Unabhängig von der Schwere der Demenz sollte das Training sich nicht auf einzelne Fähigkeiten konzentrieren, sondern sowohl die Sinneswahrnehmungen stärken als auch das Langzeitgedächtnis aktivieren und Bewegung fördern.

Sinne trainieren

Zeig der demenzkranken Person bunte Farben oder einfache Muster wie Linien, Kreise oder Dreiecke und fordere sie auf, sie in der Umgebung zu suchen.

Mach bestimmte Geräusche, raschel beispielsweise mit Papier oder gieße ein Glas Wasser ein. Dein Übungspartner soll die Geräuschquellen dann erraten.

Aktiviere den Tastsinn eines Demenzerkrankten, indem du sie oder ihn Fundstücke aus der Natur erfühlen lässt, zum Beispiel Blätter, ein Stück Holz, Kiefernzapfen oder Moos. Du kannst auch Erinnerungen an bestimmte Gerüche wachrufen, zum Beispiel mit einem Stück Rosenseife, einem Lavendelkissen oder einer duftenden Orange.

Langzeitgedächtnis aktivieren

Menschen mit Demenz leiden häufig unter Wortfindungsschwierigkeiten. Eine gute Übung, die zugleich das Langzeitgedächtnis anregt, ist das Vervollständigen von Sprichwörtern. Beispiele: Morgenstund hat … (Gold im Mund). Aller Anfang ist … (schwer). Man muss die Feste feiern … (wie sie fallen). Wenn die Katze aus dem Haus ist, … (tanzen die Mäuse auf dem Tisch).

Schau dir zusammen mit dem demenzkranken Menschen Fotos oder andere Gegenstände aus seinem Leben an. Sie können Erinnerungen hervorrufen und regen vielleicht sogar zum Erzählen an. Auch Lieder, die die Person früher gerne gehört hat, aktivieren das Langzeitgedächtnis. Musik spricht auch Menschen mit ausgeprägter Demenz noch an. Wenn ihr sie gemeinsam singt, stärkt das zusätzlich eure Verbundenheit. Je nach Schwere der Erkrankung kannst du auch Lieder vom Band abspielen und die oder den Betroffenen auffordern, den Liedtitel oder Interpreten zu erraten.

Großformatige Puzzles mit wenigen Teilen oder Memory-Spiele mit leicht erkennbaren Motiven fördern die Konzentration und das Langzeitgedächtnis. Einfache Spiele, Gedächtnisübungen oder Fotoalben gibt es auch auf speziellen Tablets, die für die Beschäftigung und Aktivierung von Demenzkranken konzipiert sind.

Alte Fotos rufen Erinnerungen wach.
Alte Fotos rufen Erinnerungen wach.

Den Körper aktivieren

Für viele Menschen mit Demenz gehören Bewegung und Gehen zu den wenigen Dingen, zu denen sie weiterhin problemlos in der Lage sind. Unternimm mit einem Betroffenen Spaziergänge in ruhiger Umgebung oder zu Orten mit biografischem Bezug. Das ist wohltuend für Körper und Geist. Auch körperliche Bewegung durch Tanzen wirkt sich positiv aus. Gymnastik für Finger und Hände fördert die Hand-Auge-Koordination und trainiert die kognitiven Fähigkeiten. Das sogenannte „Dual-Task-Training” schult und verbessert die Aufmerksamkeitsleistung von Menschen mit Demenz. Dabei wird Bewegung mit einer kognitiven Aufgabe kombiniert. Stelle der dementen Person beispielsweise während des Gehens eine einfache Rechenaufgabe.

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