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Modulbauweise: Flexible Häuser für Generationen

Modulhäuser werden immer beliebter. Architekt Wolfgang Schmied hat uns verraten, warum es sich auch finanziell lohnt, auf den Trend zu setzen.

Lesedauer: 5 Min.

Herr Schmied, jeder spricht von Modulhäusern, aber was genau versteht man darunter

Modulhäuser sind containerartige Elemente, die als vorgefertigte Raumzellen mit einem oder mehreren Räumen fix und fertig auf die Baustelle geliefert werden. Es handelt sich dabei aber nicht um einen genau definierten Begriff. Einzelne Raumzellen können bis zur vollständigen Innenausstattung samt Fenstern, Installationen, elektrischen Systemen vorproduziert sein oder auch nur als Rohbauzelle oder einzelne Wandscheibe produziert und angeliefert werden. Die Teile werden an der Baustelle vor Ort miteinander kombiniert. Je nach Größenordnung, Bausystem und Einsatzgebiet – vom Bürogebäude bis zum privaten Wohnungsbau – können die Module in verschiedenen Vorfertigungsgraden und -elementen angeboten werden.

Trendforscher wie das Ehepaar Horx sagen, Modulhäuser werden weiter an Bedeutung gewinnen. Was macht diese Bauweise so zeitgemäß? 

Alles kann in einer Halle vorgefertigt werden. Das bedeutet zum einen eine höhere Geschwindigkeit in der Produktion. Zum anderen ist man unabhängig von Wettereinflüssen. Ich kann das ganze Jahr in einem geschützten Raum durcharbeiten. Hier arbeiten die Maschinen millimetergenau – auf der Baustelle ist das nicht in gleicher Weise möglich. Weiters bleiben die Materialien unbeschadet, es regnet ja nicht darauf. Voraussetzung ist allerdings, dass die Transportbedingungen stimmen. Wenn besonders große Elemente auf Autobahnen oder durch Kreisverkehre transportiert werden, kann das problematisch werden. Man muss also vorher schauen, ob es verkehrsstrategisch Sinn macht.

Was spricht sonst noch gegen die Modulbauweise? 

Man kann Sorge haben, dass eine gewisse Vereinheitlichung des Baustils stattfindet. Es ist gefährlich, wenn Bauten völlig unreflektiert als Serie umgesetzt werden. Natürlich kann man schnell ein Gebäude hochziehen, hinterher aber entstehen Probleme, weil die individuellen Gestaltungsmöglichkeiten eingeschränkt sind. Architekten können Module allerdings auch spannend gestalten und Elemente so abwechslungsreich kombinieren, dass kein serieller Einheitsbrei entsteht. Auch die Reaktion auf regionale Baukultur wie sie in Österreich sehr stark verankert ist, ist architektonisch mit Modulhäusern sehr herausfordernd.

MAX-Haus GmbH
Absolut nicht fad, wirkt dieser Entwurf von Max Haus, der auch über mehrere Stockwerke gebaut werden kann.

Wie kann das dennoch gelingen?

Meine Empfehlung ist: Auch wenn die Industrie großflächig Module anbietet, sollte man immer mit einem Architekten zusammenarbeiten. Viele Fertigbau-Unternehmen kooperieren immer wieder mit Architekten, um gut überlegte und designte Elemente zu bauen. Architekten wiederum sollten mit diesen Firmen kooperieren, um die Technologie und die Qualität beim Einsatz zu optimieren. Auch in städtebaulicher Hinsicht besteht die Gefahr von modularer Wiederholung und folglich die Gefahr der städtebaulichen und architektonischen Fadesse. Hier sind innovative städtebauliche Überlegungen und das Eingehen auf die Bedürfnisse der Menschen sehr gefragt.

Gibt es Projekte, für die sich die Modulbauweise besonders eignet?

Am Sinnvollsten ist sie dort, wo man in seriellen Elementen arbeitet – im Wohn- oder Bürobau oder auch im Gewerbebau. Hier kann ich strategisch planen, zum Beispiel Elemente einsetzen oder später nachrüsten, um Wohneinheiten zu vergrößern und flexibel auf das Familienwachstum zu reagieren. Es gibt viele mögliche Varianten. Schwierig hingegen ist es dort, wo ich auf lokale Gegebenheiten reagieren muss. Wenn ich etwa neben einer stark befahrenen Straße mit hohen Schalldämmwerten bauen muss, sind einige Leichtbauwände des Fertigteilhauses weniger geeignet. Hier passt ein Massivbau eventuell besser. Auch im Bestandsbau oder bei schwierigen geographischen Verhältnissen ist ein Modulhaus nicht immer die optimale Lösung.

Setzt noch einen drauf: Bei McCube lässt sich Wohn- und Büroräume Würfel für Würfel erweitern. Die Kleinmodule sind auch für Jungfamilien erschwinglich.
Setzt noch einen drauf: Bei McCube lässt sich Wohn- und Büroräume Würfel für Würfel erweitern. Die Kleinmodule sind auch für Jungfamilien erschwinglich.

Sie haben das Thema Nachrüsten erwähnt. Wie funktioniert das in der Praxis?

Im Prinzip ganz einfach: Wenn die Familie wächst, docke ich ans Gebäude an. Ich muss mir also ein System überlegen, wie ich das im Gebäude umsetzen kann. Das macht das Ganze architektonisch interessant. Ich habe vorher sowohl beim Einfamilienhaus als auch beim Wohnbau einen hohen strategischen und planerischen Aufwand. Plane ich etwa für zwei Personen ein 50 bis 60 Quadratmeter Modul, muss ich mir im Vorfeld überlegen, wie ich das später adaptieren kann. Wo mache ich Schnittstellen zum Bestandsbaukörper, sodass es sich gut in die Landschaft einfügt? Wo kann ich ein weiteres Modul anknüpfen? Kann ich vielleicht Elemente übereinander stapeln? Kann ich das Haus flexibel machen und mit einem temporären Fundament versehen, um es später auf einen Tieflader zu stellen und an einen anderen Ort transportieren zu können?

Mit dem Haus umziehen – das geht auch?

Ja, die Modulbauweise bietet viele Möglichkeiten. Aber ich muss das alles frühzeitig planen und die strategische Entwicklung über den gesamten Lebenszyklus durchdenken. Wenn meine Familie auf vier Personen anwächst, gebe ich den erwachsenen Kindern später das Startmodul mit? Auch hier gibt es verschiedene Szenarien, um nicht mit 60 oder 70 Jahren mit einem riesigen Haus dazustehen, das ich nicht bewirtschaften kann. Hier stehen wir sicher noch am Anfang der Entwicklungsspirale, wie der Ablauf über mehrere Generationen aussehen könnte.

Genau hinschauen: Der Spiegelcube von McCube fügt sich nahtlos in die Natur ein.
Genau hinschauen: Der Spiegelcube von McCube fügt sich nahtlos in die Natur ein.

Sie haben die Flexibilität von Modulhäusern erwähnt. Auch der Kostenfaktor wird immer wieder als Benefit genannt. Was genau macht es so erschwinglich?

All die genannten Überlegungen haben auch Auswirkungen auf die Finanzierung. Schließlich muss ich nicht gleich ein 160 Quadratmeter-Haus hinstellen, sondern kann später Elemente dazukaufen. Wenn ich etwa als Jungfamilie ein Grundstück habe, kann ich mit einem kleinen Modul starten. Das ist leicht finanzierbar. Im Zuge des Familienzuwachses kann das Ganze dann vergrößert werden. Das Gleiche gilt auch für den Wohnbau: Hier kann ich in eine 50 Quadratmeter Wohnung einziehen und diese später erweitern, indem ich Wände verschiebe oder entferne oder aber Module andocke. Aber – und das kann ich nicht oft genug betonen – das Wichtige ist, vorab einen Zeit- beziehungsweise Generationenplan zu machen, der strategisch im Wohnhaus abgebildet ist. 

So ein Generationenplan klingt anspruchsvoll. Sie betreuen mit Ihrem Büro architekturschmiede seit mehr als 18 Jahren Bauprojekte. Was können Sie Kunden für diese Planung empfehlen? 

Die Bauherren selbst haben oft wenig Ahnung davon, was sie mit Modulen machen können. Hier ist die Beratung durch den Architekten entscheidend, der verschiedene Szenarien durchspielt. Für uns Architekten ist es wichtig, dass wir uns individuell mit dem Kunden auseinandersetzen und hinterfragen, welche Wünsche er oder sie für das Modulhaus hat. Das Ziel ist es, ein maßgeschneidertes Konzept strategisch über einen längeren Zeitraum hin zu entwickeln, das den gesamten Lebenszyklus abbildet. Wenn es zum Beispiel ein temporäres Haus ist, das der Kunde mitnehmen möchte, müssen Anschlüsse und Verbindungen anders ausgelegt sein als bei einem fixen Gebäude. Der Architekt ist der Experte. Er kann im Vorfeld bereits sagen, ob die Raum- und Funktionsentwicklung auf den Lebenszyklus abgestimmt ist. Und dies muss er dann frühzeitig mit den Produzenten der Modulteile abstimmen.

Lesetipp: In diesem Artikel zu Modulhäusern findest du eine Übersicht von Modulhaus-Anbietern in Österreich: 

ZUR PERSON

Mit seinem Architekturbüro architekturschmiede Graz setzt Arch. DI. Wolfgang Schmied seit mehr als 20 Jahren zahlreiche preisgekrönte Bauten und Projekte durch. Seit 2011 ist er außerdem als Studiengangs- und Institutsleiter der FH Joanneum für die Ausbildung des Nachwuchses zuständig. Zusätzlich hält der Grazer Vorträge an Universitäten, Hochschulen, bei Konferenzen und Symposien im In- und Ausland. Zu seinen Schwerpunktthemen zählen Stadt- und Regionalentwicklung, Holzbau, Leerstandsentwicklung und – natürlich – modulares Bauen.

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