Ein lange Zeit in Vergessenheit geratenes Wort ist wieder hochaktuell: Inflation. Wir erklären, wie sie entsteht. Und warum etwas Inflation gut für die Wirtschaft ist.
Es ist nicht mehr zu übersehen. Ob im Supermarkt, an der Tankstelle oder beim Online-Einkauf – die Preise steigen deutlich. In den vergangenen zwanzig Jahren bewegte sich die Inflationsrate in Österreich meistens zwischen ein und drei Prozent. Seit 2021 ist sie jedoch höher – mit Spitzen von über 11 % (Oktober 2022 und Jänner 2023) und 5,4 % im Oktober 2023. Zum Problem wird Inflation erst, wenn die Preise über einen längeren Zeitraum stark steigen.
Die Inflationsrate wird in Österreich über den Verbraucherpreisindex (VPI) gemessen. Der Index misst die Preisentwicklung anhand eines repräsentativen „Warenkorbs”. In dem befinden sich die Waren und Dienstleistungen, die für private Haushalte bedeutsam sind. Der Warenkorb wird jährlich an das aktuelle Konsumverhalten der Haushalte angeglichen.
Besonders Menschen mit geringem Einkommen spüren es unmittelbar: Für das gleiche Geld können wir uns weniger kaufen. Dramatisch wirkt sich die Inflation aber auch beispielsweise auf diejenigen aus, die sich einen Geldpolster für das Alter zurückgelegt haben. Bei einer anhaltend hohen Inflationsrate schmilzt ihr Vermögen „wie Eis in der Sonne”, so der Vize-Chef der Deutschen Bank. Für die meisten Menschen ist die Inflation daher äußerst unbeliebt. Aber warum gibt es sie überhaupt?
Es sind im wesentlichen drei Ursachen, die die Inflation befördern.
Es gibt zu wenig Waren
Die Menschen wollen plötzlich mehr kaufen als erwartet. Die Industrie kann nicht genug Waren nachliefern. Die Nachfrage ist größer als das Angebot. Was machen die Unternehmen? Sie erhöhen die Preise. Das ist eine Nachfrage-Inflation.
Es gibt zu wenig Ressourcen
Wichtige Ressourcen und Rohstoffe für die Wirtschaft werden plötzlich knapp. Ist zum Beispiel zu wenig Öl auf dem Markt, steigen die Preise an der Tankstelle. Aber auch viele Produkte werden teurer, weil die Kosten für den Transport steigen. Das ist eine Kosten- oder Angebots-Inflation.
Es gibt zu viel Geld
Die staatliche Notenbank bringt zu viel Geld in Umlauf. Das heißt, die Geldmenge steigt stärker als die Menge der angebotenen Waren und Dienstleistungen. Es gibt mehr Geld, aber nicht mehr Waren. Die Folge: Das Geld verliert an Wert. Das ist eine Geldmengeninflation.
Die guten Seiten der Inflation
Inflation hat auch was Gutes. Denn wenn ein Kühlschrank in einem Jahr mehr kostet als heute, habe ich einen Anreiz, ihn heute zu kaufen. Das ist gut für die Wirtschaft. Deshalb ist eine Inflationsrate von um die zwei Prozent kein Problem und sogar erwünscht.
Mit einer kleinen Inflation kann überdies ein viel größeres Problem in Schach gehalten werden. Es heißt Deflation. Eine Deflation ist das Gegenteil der Inflation: Die Preise sinken.
Bei einer Deflation kann ich davon ausgehen, dass ich für den Kühlschrank in einem Jahr weniger Geld bezahlen muss als heute. Das hört sich erst einmal gut an – führt aber dazu, dass alle abwarten und Anschaffungen verzögern. Die Wirtschaft bricht zusammen.
Eine niedrige Inflation ist also okay. Eine hohe Inflationsrate von fünf oder mehr Prozent dagegen ist schlecht. Aber nicht für alle. Es gibt Menschen, die sich über eine hohe Inflation freuen. Denn Inflation ist gut für alle, die Schulden haben. Denn so wie für andere der Wert ihres Vermögens, sinkt für Schuldner der Wert ihrer Schulden.
Beim Anstieg der Inflationsraten seit Ende 2021 und 2022 kommt einiges zusammen. Zunächst bedeutete der Anstieg ein Stück weit eine Rückkehr zur Normalität, denn in den ersten Jahren der Corona-Pandemie wurde weniger konsumiert. In der Folge sind Preise zum Teil gesunken. Außerdem wurden durch Lockdowns und andere Maßnahmen Lieferketten unterbrochen. Unternehmen fuhren Produktionskapazitäten herunter. Dann zog die Nachfrage wieder an. Viele Menschen hatten Geld gespart und wieder Lust und Gelegenheit, es auszugeben. Der steigenden Nachfrage steht ein eingeschränktes Angebot gegenüber: Das ist die Nachfrage-Inflation. Gedrosselte Produktionskapazitäten können nicht schnell genug wieder hochgefahren werden. Und noch immer werden in China Lockdowns verhängt, Containerschiffe werden nicht beladen oder gelöscht. Der Welthandel läuft noch nicht wieder rund.
Die Lage wäre also schon schwierig genug. Der Angriff Russlands auf die Ukraine kommt als weiterer Inflationstreiber hinzu. Die EU Staaten beschlossen, weniger Rohstoffe aus Russland zu beziehen. Außerdem wird ein kompletter Lieferstopp Russlands befürchtet. Beides führt zu einem starken Preisanstieg für Kohle, Öl und Erdgas auf den Märkten. Aber auch Grundnahrungsmittel wie Sonnenblumenöl und Weizen werden teurer, weil beispielsweise in der Ukraine eventuell weniger Getreide geerntet und das geerntete Getreide nicht exportiert werden kann. Hier handelt es sich um eine Kosten- oder Angebots-Inflation.
Und schließlich gehört zur aktuellen Situation auch eine Geldmengeninflation. Die Zentralbanken haben lange Zeit eine lockere Geldpolitik verfolgt. Die Zinsen für Kredite waren extrem niedrig. Während der ersten Jahre der Corona-Pandemie stiegen außerdem die Sparvermögen in die Höhe. Auf der anderen Seite wurden viele Arbeitnehmer bezahlt, die nicht in vollem Umfang gearbeitet und damit Werte geschaffen haben. Es ist also viel Geld im Umlauf.
Für Maßnahmen gegen den Anstieg der Inflation sind vor allem die Notenbanken zuständig. Im Euro-Raum ist das die Europäische Zentralbank. Sie kann im Wesentlichen ein Mittel einsetzen: Sie kann durch eine Erhöhung des Zinssatzes den Anstieg der Geldmenge drosseln.
Durch höhere Zinsen wird Geld-Leihen teurer. Die Folge: Menschen, Unternehmen und Staaten leihen sich weniger Geld. So ist weniger Geld auf dem Markt. Und wenn es weniger Geld gibt, aber genauso viele Waren und Dienstleistungen, steigt der Wert des Geldes wieder. Die Preise sinken.
Das hört sich einfach an. Doch muss die Europäische Zentralbank auch andere wirtschaftliche Faktoren im Auge behalten. Höhere Zinsen führen dazu, dass weniger Geld investiert wird. Sie drosseln also die Wirtschaft und können zu einem Abschwung führen. Außerdem bringen höhere Zinsen überschuldete Unternehmen und Staaten in Gefahr. Für die Notenbanken sind es schwierige Zeiten. Fachleute rechnen damit, dass wir noch länger mit hohen Inflationsraten leben müssen.
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