Im Sommer zieht es uns raus aufs Land und in die Natur. Doch auch in der Stadt gibt es immer mehr grüne Oasen, die nicht nur Frische und Erholung bieten, sondern mit kreativen Ideen den öffentlichen Raum beleben.
Ob das Hochbeet in der Baulücke, die Grünpflanzen im Parklet am Gehsteig oder der Mini-Garten rund um die Baumscheibe vorm Haus: Gärtnern im öffentlichen Raum erlebt nicht erst seit Corona einen neuen Boom. Die Idee der Gemeinschaftsgärten kommt ursprünglich aus New York. Hier wurden bereits in den 1970er Jahren „Community Gardens“ angelegt, mit denen die Stadtgärtner den gängigen Lebensmodellen Alternativen entgegensetzen wollten. Auch heute gibt es in der US-Metropole zahlreiche Stadtfarmen. Da der Platz immer knapper wird, findet man sie häufig auf Dächern.
In der österreichischen Hauptstadt hat das Garteln ebenfalls Tradition. Bereits in den 1920er Jahren legte der Wiener Siedlerbund am Stadtrand Kleingärten an. In Zeiten der Lebensmittelknappheit nach dem Ersten Weltkrieg waren diese allerdings nicht aus der Lust am Grün, sondern aus purer Existenznot entstanden: Die ärmeren Bevölkerungsgruppen versuchten so ihr Überleben zu sichern.
Heute wird in Wien etwa ein Sechstel der Fläche für landwirtschaftliche Zwecke genutzt. Im Gegensatz zu den traditionellen Kleingartenkolonien, die jeweils nur ihren Pächtern eine grüne Oase in der Stadt bieten, sind Urban-Gardening- oder Urban-Farming-Projekte für alle zugänglich. Dabei geht es nicht nur darum, selbst etwas anzupflanzen, sondern dies auch gemeinsam mit anderen zu tun.
Den öffentlichen Raum kreativ verwandeln und die Menschen im Grätzl zusammenbringen – das hat sich auch das Team der Grätzloase vorgenommen. Bereits seit 2015 unterstützt das Projekt gemeinsam mit der Stadt Wien und dem Verein Lokale Agenda 21 Wien die Bürgerinnen und Bürger der Stadt dabei, den öffentlichen Raum zur Begegnungs- und Erholungsstätte zu machen.
Das Prinzip ist einfach: Ob Einzelperson, Gruppe, Unternehmen oder Verein – wer eine Idee hat, wie ein Bürgersteig, ein Parkstreifen oder eine brach liegende öffentliche Fläche belebt werden könnte, der kann seine Aktion per Formular einreichen. Eine Jury prüft die vorgeschlagenen Ideen und wählt diejenigen aus, die von der Initiative unterstützt werden sollen. Die Aktion sollte nicht nur kreativ sein, sondern auch Möglichkeiten eröffnen, den Freiraum gemeinsam mit anderen zu nutzen und so das Zusammenleben im Grätzl fördern. Weitere Anwohner sollten motiviert werden, mitzumachen. Weitere Bedingung: Das Projekt darf nicht gewinnorientiert sein. Wer mit seiner Aktion ausgewählt wird, kann sich nicht nur über fachliche Beratung in puncto Genehmigungen und Projektentwicklung freuen, sondern bekommt auch finanzielle Unterstützung in Höhe von bis zu 4.000 Euro brutto. Für die Planung und Umsetzung ist dann der Ideengeber verantwortlich.
Die mehr als 300 Aktionen, die seit 2015 verwirklicht wurden, zeugen von großem Einfallsreichtum. Sie reichen von Kunst im öffentlichen Raum („Drogerie Oase“) und einem wetterfesten Piano zum Musizieren für Jedermann („Pianoase“) über Workshops zum Brotbacken („Brot.Back.Platz“) bis hin zum Sprachcafé („Mach dir einen Lenz“). Einige Aktionen haben sich bereits als wiederkehrendes Angebot etabliert. So erfreut der Adamsgarten die Anwohner des Grätzls Adamsgasse/Ecke Krieglergasse schon seit mehreren Jahren. Die grüne Oase bietet zwischen Mai und Ende Oktober neben Hochbeeten zum gemeinsamen Garteln auch Gelegenheiten, um Kontakte zu knüpfen oder sich auszutauschen.
Auch heuer wurden bereits viele Projekte umgesetzt. Zu den neu geschaffenen Oasen zählen etwa der „LivingLivingRoom“ in der Tulpengasse, der das Wohnzimmer kurzerhand nach draußen verlagert und zum öffentlichen Treffpunkt macht, und der „Grüne Satellit“ in der Gabelsberger Straße, der zwei Schulklassen als Freiluftklassenzimmer dient und auch grüner Zwischenraum auf dem Weg von der Schule nach Hause ist.
Apropos Garten und Kinder: Die Cityfarm Augarten ist ein weiteres engagiertes Projekt, das den jüngsten Wienerinnen und Wienern die Freude am Garteln und an der Natur nahebringt. Großes Vorbild war der „Children’s Garden“ des Botanischen Gartens im New Yorker Stadtteil Brooklyn. Der nach eigenen Angaben „erste und größte Garten der Kinder in Wien“ bietet seit 2011 ein breites Spektrum an gartenpädagogischen Workshops und Veranstaltungen an. Nachdem das Projekt sechs Jahre lang in der Kammermeierei Schönbrunn angesiedelt war – hier ließ schon Kaiserin Sissi ihre Kühe grasen – musste sich das grüne Kleinod 2018 einen neuen Standort suchen. Gefunden hat es ihn im 2. Bezirk im Augarten.
Doch nicht nur Wien hat seinen Bewohnerinnen und Bewohnern einiges an grünen Mitmach-Möglichkeiten zu bieten. Auch in anderen Städten lässt es sich gut garteln. In Innsbruck zum Beispiel betreibt der Verein Freipflanzen unter dem Motto „Hier wird geackert!“ zwei Gemeinschaftsgärten. Die Nachfrage nach den Beeten ist so groß, dass es heuer keine freien Parzellen mehr gibt. Einen Überblick über die gemeinschaftlichen Garteninitiativen in Tirol und Südtirol findest du beim Netzwerk der Gemeinschaftsgärten in Tirol und Südtirol. Eine gute Übersicht über Gemeinschaftsgartenprojekte in ganz Österreich bietet der Verein Gartenpolylog, der das gleichnamige Blog betreibt.