70 Prozent der Österreicher wünschen sich ein Eigenheim. Doch wie soll die Wunschimmobilie beschaffen sein? Uriger Bauernhof, junge Bestandsimmobilie oder Neubau? MEIN LEBEN gibt Tipps, die dir bei der Entscheidung helfen können.
Die Entscheidung für ein Eigenheim ist eine der größten im Leben. Ob du dein Traumhaus Realität werden lassen kannst, hängt dabei von vielen Faktoren ab: etwa deinem Geldbeutel, dem Immobilienmarkt und deinen Vorstellungen. Als erstes solltest du deshalb klären, was du dir leisten kannst. Um ein Gefühl dafür zu bekommen, kannst du auf Klickmal.at deine Rate beispielhaft berechnen. Es lohnt sich, auch schon frühzeitig das Gespräch mit einem Finanzberater zu suchen.
Ist der finanzielle Rahmen grob gesteckt, geht es an die Konkretisierung deiner Pläne. Während die einen per se wissen, dass sie sich ins Abenteuer Neubau stürzen wollen, ist für andere vor allem die Lage entscheidend bei der Eigenheimsuche. Beide Varianten haben ihre Vor- und Nachteile. MEIN LEBEN hat mit dem Immobilienexperten Gottfried Hackbarth, Geschäftsführer von ERA Immobilien Austria, gesprochen und die wichtigsten Punkte für dich hier zusammengestellt.
Vorteile: Schneller rein ins fertige Eigenheim
Ein wesentlicher Vorteil von Bestandsimmobilien ist der kürzere Zeitverlauf. Die Immobilie ist theoretisch sofort bezugsfertig, der Kauf geht schneller und der Kaufvertrag ist unkomplizierter als beim Neubau. Für den Laien ist es außerdem einfacher zu beurteilen, ob das Bestandsobjekt zu den eigenen Bedürfnissen passt, da es begehbar ist und nicht nur auf dem Papier existiert. Zudem liegen Bestandsimmobilien meist zentraler als Neubaugebiete und befinden sich zudem in einer gewachsenen Wohngegend mit guter Infrastruktur. Auch in Sachen Außenanlage punktet die Bestandsimmobilie: Der Garten ist schon angelegt, idealerweise mit gewachsenen Bäumen, und auch die Nachbarn kannst du bereits vor dem Kauf der Immobilie kennenlernen.
Finanziell kann die Bestandsimmobilie ebenfalls vorteilhaft sein: Ältere Immobilien sind meist günstiger als Neubauten in gleicher Lage und wertstabil. Denn das Haus samt Grundstück haben die zu erwartende Wertsteigerung der ersten Jahre bereits hinter sich und nun den reellen Marktwerk erreicht. Den altersbedingten Wertverlust der Bausubstanz gleicht dabei der Wertzuwachs, den das Grundstück vor allem in Ballungsgebieten erfährt, in der Regel aus. Hinzu kommt, dass alte Häuser oft ihren ganz eigenen Charme haben, wie auch Architekt Heinrich Schuller weiß.
Nachteile: Geringere Energieeffizienz und fehlende Gewährleistung
Die Nachteile bei Bestandsimmobilien liegen vor allem bei eventuellen Kosten für Sanierung, Modernisierung oder Umbauten. „Bei einer Bestandsimmobilie solltest du darauf achten, ob viel zu ändern ist und wenn ja, ob das Haus die Arbeit und das Geld wert ist“, rät Hackbarth. Um das zu beurteilen, ist die Expertise von Fachleuten unerlässlich. „Den Zustand von Holz muss man sich genau anschauen und prüfen, ob zum Beispiel Fenster angegriffen sind. Auch die Therme sollte genau untersucht werden. Grundsätzlich ist es wichtig, einen Fachmann an der Seite zu haben und alles technisch abchecken zu lassen.“ Auch wenn noch kein Handlungsbedarf besteht, sollte genügend Geld für spätere Instandsetzungsmaßnahmen eingeplant und zur Seite gelegt werden.
Ein Schwachpunkt von Bestandsimmobilien ist die Energieeffizienz, die selbst bei einem sanierten Altbau schlechter als bei einem Neubau ist. Die Heizkosten sind etwa doppelt so hoch. Auch der Gestaltungsspielraum ist geringer als beim Neubau. Wer keine Kernsanierung durchführen möchte, hat weniger Einfluss auf die Raumaufteilung und manche Veränderung ist baulich nur schwer umzusetzen. Bei einer Bestandsimmobilie gibt es zudem keine Gewährleistung.
Checkliste: Darauf solltest du bei der Besichtigung achten
Vorteile: Wertsteigernde Investition mit Gestaltungsmöglichkeiten
Ein Haus zu bauen ist mehr als nur eine Geldanlage oder ein zukünftiges Zuhause, ein Hausbau ist auch immer ein Abenteuer. Zu sehen, wie es entsteht und den Prozess vom ersten Spatenstich bis zur Übergabe zu begleiten, ist spannend und macht Spaß – vorausgesetzt, du gehst den Hausbau realistisch an. „Ein wesentlicher Vorteil ist, dass man individuell gestalten kann, zumindest im Innenbereich. Für den Außenbereich gibt es viele Richtlinien“, erklärt Hackbarth. Ein Neubau punktet zudem mit einer besseren Energieeffizienz und geringeren Nebenkosten.
Finanzielle Vorteile liegen vor allem im Wertzuwachs und der Förderung für Erstimmobilien. „Eine neue Immobilie erfährt in den ersten 15 bis 20 Jahren in der Regel eine Wertsteigerung“, weiß der Immobilienexperte, wobei die Lage für den Wertzuwachs entscheidend ist. Ein weiterer Vorteil: Du erhältst auf deinen Neubau eine Gewährleistung von fünf Jahren. Zwar lernst du, wenn du nicht eine Baulücke in einem bestehenden Wohngebiet findest, deine künftigen Nachbarn in der Regel erst nach dem Kauf kennen, dennoch kann der Austausch gerade bei Bauprojekten und in Neubaugebieten intensiver sein als in einem gewachsenen Wohnviertel, da die Themen – Hausbau, Gartengestaltung, Umzug – ähnliche sind.
Nachteile: Risiko hoher Mehrkosten und Bauverzögerung
Wer auf das Eigenheim nicht lange warten will, für den ist weder ein Neubau noch eine Bestandsimmobilie mit hohem Sanierungsbedarf geeignet. Schließlich kann es in der Bauphase zu wetterbedingten oder durch andere Faktoren verursachte Bauverzögerungen kommen. Wer den Auszug zu kurzfristig kalkuliert, gerät dann in eine schwierige Situation: Die Kredittilgung läuft bereits, aber da das Haus noch nicht bezugsfertig ist, kommt die Miete der alten Wohnung noch oben drauf. Im schlechtesten Fall ist diese schon gekündigt. Solche Projektrisiken werden zu nervenaufreibenden Kostenrisiken. Plane also mindestens mit einem Zeitverlauf von 1,5 Jahren. Aber auch wenn alles nach Plan läuft, kann die Bauphase belasten, denn es gibt sehr viel zu beachten und zu organisieren.
Hinzu kommen die höheren Kosten: „Neubau ist teuer, weil der zu erwartende Wertzuwachs der Immobilie häufig schon in dem Kaufpreis für das Grundstück oder Bauprojekt eingepreist ist“, sagt der ERA-Geschäftsführer. Zudem können in der Bauphase unvorhergesehene Kosten anfallen, was eher die Regel als die Ausnahme ist. Eine gute Planung und Beratung sind deshalb Voraussetzung, denn Banken bieten in der Regel keine Nachfinanzierung an oder nur zu ungünstigen Konditionen. Auch in Sachen Umgebung müssen Bauherren mehr Geduld mitbringen. Denn bis ein Neubaugebiet fertiggestellt ist, dauert es. Hinzu kommen gerade in Randlagen längere Fahrtwege zum Arbeitsplatz, aber auch zu Ärzten und Einkaufsmöglichkeiten.
Checkliste: Diese Fragen solltest du dir stellen
Unabhängig davon, ob du dich für einen Neubau oder eine Bestandsimmobilie entscheidest, rät Hackbarth dazu „grundsätzlich einen Sachverständigen an der Seite zu haben: einen Finanzberater für die Finanzierung und einen Baugutachter bei technischen Entscheidungen.“ Auch Notare und Rechtsanwälte haben Checklisten für Neu- und Altbau, um die größten Gefahrenquellen auszuschließen, die zu einer weniger werthaltigen Qualität führen können, weiß Hackbarth. Die zu erwartenden laufenden Kosten solltest du ebenfalls mit einkalkuieren: „Ganz wichtig ist es, auf die Betriebskosten zu achten, also darauf, was der Erhalt der Immobilie kostet“, sagt Hackbarth.
Bist du ein geschickter Handwerker und möchtest durch Eigenleistung Kosten reduzieren? Das lohnt sich nicht immer: „Wer kein Fachmann ist, dem rate ich ab, wichtige technische Bauarbeiten selbst zu machen, vor allem in Bezug auf die Gewährleistung“, sagt der Immobilienexperte. Ob dein Eigenheim auch eine gute Wertanlage ist, entscheidet die Lage: „In einer hippen Gegend steigt der Preis unabhängig vom Alter der Immobilie. In einer Gegend, wo sich die Infrastruktur verschlechtert, sinkt er dagegen“, erklärt Hackbarth.
Ob ein Neubau oder eine Bestandsimmobilie das Richtige für dich ist, kannst also letztlich nur du selbst entscheiden. Weitere Informationen rund um Bauen, Kaufen und Sanieren findest du hier.